Inszeniert mit eigener Dynamik
Die „Orgelmusik am Abend“ in der Basilika St. Wendel mit dem Konzertpianisten Jens Korndörfer bot ein anspruchsvolles Programm. Das Konzert war auch zugleich ein Bestandteil der „Nacht der offenen Kirchen“.
Jens Korndörfer, nach Studien in Paris und Nordamerika promovierter Konzertorganist und derzeit in Atlanta (USA) tätig, setzte die Reihe „Orgelmusik am Abend“ mit einem attraktiven und anspruchsvollen Programm fort. Er begann mit der in Registrierung und Dynamik perfekt inszenierten „Introduktion und Passacaglia“ von Max Reger. Auf ihren vollgriffigen Fortissimo- Schluss folgte mit Johann Sebastian Bachs Triosonate in Es hochsensible Kammermusik, tänzerisch, flüssig und brillant, wie der Komponist dieses Geflecht dreier gleichberechtigter Stimmen als krönenden Abschluss seiner orgelpädagogischen Werke erdacht hatte. Eine Generation älter, aber ganz auf der Höhe damaliger europäischer Musik ist Georg Muffats Passacaglia in g-Moll, die Korndörfer mit eleganter Beweglichkeit besonders der linken Hand präsentierte und durch den effektvollen Einsatz der Zungenstimmen kraftvoll beendete.
„L' Ascension“
Mit einem weiteren überraschenden Programmwechsel widmete er sich darauf verdientermaßen Olivier Messiaen, dem 1992 verstorbenen bedeutenden Pariser Organisten und Komponisten, und spielte zwei Sätze aus dessen Meditations- Zyklus „L'Ascension“ („Die Himmelfahrt“, 1933/34). Musik ist für Messiaen ein Lobpreis, den die Schöpfung darbringt. Dabei übernehmen ganz allgemein die Vogelstimmen eine wichtige Rolle und lassen sich auch in dem aus der Orchesterfassung transkribierten Satz „Allélujas sereins d'une âme qui désire le ciel“ („Heitere Hallelujarufe einer Seele, die sich nach dem Himmel sehnt“) vernehmen.
Während diese Komposition eher flächig ist, sind die original für Orgel neu geschriebenen „Transports de joie“ („Freudenausbrüche“) eine expressive freie Form mit markanten Akkordfolgen, die sich virtuos überstürzen.
Wie bei Bach und Messiaen schickte Korndörfer auch seiner Beethoven- Transkription hilfreiche Erklärungen voraus: Der langsame Satz aus dessen fünfter Symphonie stand im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit über den von ihm hochgeschätzten Meister und sollte alle Möglichkeiten einer Orgel ausnutzen. Die Darbietung wurde dementsprechen ein Kabinettstück der Registrationskunst und wirkte naturgemäß sehr authentisch in den Bläsersoli.
Zum bravourösen Abschluss wurde die Choral-Improvisation von Charles Tournemire (1870-1939) über die Ostersequenz „Victimae paschali laudes“ („Dem Osterlamm Lob“), wie sie Maurice Duruflé von einer Schallplattenaufnahme transkribiert hatte. Wenn auch das Thema mitunter stark verfremdet klang, prägte dennoch die gregorianische Tonalität das Spiel mit eigenwilliger Harmonik. Sehr empfindungsreich gestaltete der Solist den verinnerlichten Mittelteil.
Das Konzert war zugleich ein Bestandteil der diesjährigen „Nacht der Kirchen“ und hatte somit sehr viele Zuhörer neugierig gemacht. Korndörfers Beitrag zur Nacht war seine Zugabe: der lange Atem des ersten Satzes von Beethovens „Mondscheinsonate“.
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